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1. Juni 2012 5 01 /06 /Juni /2012 10:00

ich werde alle geschichten immer wieder hersagen. bis ich die ganze geschichte aller menschen die sich in meinem leben eingenistet haben hersagen kann. und dann werde ich sie wortgetreu aufschreiben. tagsüber. wenn ich in meinem lehnstuhl sitze. in mein arbeitszimmer. wichtig ist nur dass ich mich wieder erinnere. ich muss mich erinnern. vom anfang her.

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28. Mai 2012 1 28 /05 /Mai /2012 17:00

es gilt eine sprache für meine zeit und meine geschichte zu finden. was verloren ist muss wiedererrungen und aufgegriffen und abgeholt werden. an dem ort wo es oft auch schon vor dem beginnen endet: bei der ersten erinnerung. beim ersten wort. beim ersten satz den einer wie ich über sein leben erzählen kann. damit hängt aber mein ganzes weiteres leben an dem seidenen letzten faden der ersten sätze. diese wollen oft nicht erzählt sein und gelingen dann doch. sie machen eine geschichte überhaupt erst möglich. nach solchen geschichten verlange ich. nach geschichten die ohne nachsicht und ohne gnade und ohne zorn aus meiner erinnerung in die gegenwart reichen und die vergangenheit mit der zukunft versöhnen. eine solche geschichte verlange ich von einem wie mir. von einem der gewohnt ist geschichten von ihrem ende her zu denken. bevor ich mich ans erzählen mache weiß ich den letzten satz herzusagen. ich fordere klarheit über die fluchtpunkte auf die die menschen und ihre schicksale zustreben. ich begehre wissen über die menschen. dieses begehren ist unumgänglich. dieses begehren nach den letzten und den ersten sätzen. diese sätze die leichter zu erzählen sind als aufzuschreiben. denn der erste geschriebene satz legt seine geschichte unwiderruflich fest. von diesem ersten Satz weg rekonstruiert sich alles. der nullpunkt einer geschichte ist nicht der vermeintliche höhepunkt einer erzählung auf den alles zustrebt wo reinigung und sühne stattfinden oder wo alles schwere von den menschen abfällt und sich in wohlgefallen auflöst. der nullpunkt einer geschichte ist immer willkürlich. er ist selten am anfang zu finden. meist liegt er in der vergangenheit. in der vorgeschichte auf die alle zukunft eines lebens zustrebt.

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21. Mai 2012 1 21 /05 /Mai /2012 18:00

heute ist ein guter tag um zu beginnen. mit einem buch über meine zeit. was war das nur für eine unglaubliche und phantastische zeit in der ich gelebt habe: banal. belanglos. bedeutungslos. jahrelang war es mir unmöglich über mein leben zu schreiben denn ich gehöre ja nicht nur einer verlorenen generation an sondern auch einer generation die sich dadurch auszeichnet dass sie nichts heroisches vorzuweisen hat. mein leben ist bisher ereignislos verlaufen: ohne inhaftierung in einem konzentrationslager. ohne exilerfahrung. ohne sexuellen missbrauch in der kindheit. ohne schwere krankheit. ohne psychische zerstörungsprozesse. ohne die schwerstarbeit im wiederaufbau. ohne krieg. ohne hunger und not. was rechtfertigt also ein buch über mich? vielleicht die tatsache dass es mein leben  gegeben hat? möglicherweise einfach nur der wunsch mich an mich und meine generation zu erinnern. ehe mich mein gedächtnis im stich lässt und alles aus mir aussickert was noch an erinnerung in mir ist. bevor sich das vergessen oder die verblödung oder demenz über mich breitet. eine pensionierte pflegerin hat mir einmal erklärt: demenz ist ja nicht in allen fällen eine folge des physiologischen verfalls des gehirns sondern oft nur das ergebnis eines vergessenwerdens durch die gesellschaft. und irgendwann hat der mensch sich schließlich selbst vergessen. er kann sich an nichts mehr erinnern weil die notwendigkeit dafür fehlt. weil ein gegenüber fehlt für das sich ein erinnern lohnen würde. so wie sich früher ein leben gelohnt das einer wie ich für die anderen weitergeführt hat. natürlich ist das pure eitelkeit und wichtigtuerei. aber sind wir nicht bisher immer im schatten geblieben weil andere das von uns erwartet haben und wir in vorauseilendem gehorsam mitstpielten? es wird zeit dass wir uns mit allem was wir sind der welt ausliefern und ins licht treten und sagen: wir haben ein recht auf den wohlstand unserer eltern. wir haben ein recht auf ein altern in würde und nicht im prekariat. nun weiss ich dass mein leben eine solche forderung in den augen der redlichen menschen nicht rechtfertigt. ich habe nichts vorzuweisen an erfolgen. ich habe kein untrenehmen gegründet. ich habe nichts zum wirtschaftswunder beigetragen. ich bin ein kostenfaktor. ich habe keinen nutzen für die gesellschaft. und vielleicht ist das der kern meiner geschichte. vielleicht liegt in dieser nutzlosigkeit das bedeutungsvolle für andere menschen. immerhin habe ich diese nutzlosigkeit über jahrzehnte hin ertragen. und wenn ich von diesem meinem scheitern erzähle kann ich dem kommenden tod vielleicht noch so etwas wie sinn abgewinnen nach einem jahrzehnte dauernden leben in einer mir immer schon fremden und unangemessenen welt.

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17. Mai 2012 4 17 /05 /Mai /2012 09:00

einen text herstellen. wie leicht sich dieser satz hinschreibt. und schon wieder ein Stück text hergestellt. aber allein um diesen satz zu formulieren bedarf es zahlreicher vorüberlegungen. Was meint einer wie ich der texte produziert wenn er schreibt: einen text herstellen. sind damit bloß die aneinandergereihten zeichen gemeint. die symbole die wir buchstaben nennen die nur repräsentative abstraktionen sind. die erst durch ihre verkettung und den kontext der sie umgibt nämlich unser weltwissen inhalt und aussagen und meinungen generieren. und schon wieder drei worte die ich eigentlich erklären müsste bevor ich weiterschreibe: inhalt. aussage. meinung. ich bin schon viel zu weit vorgestoßen im text ohne seine voraussetzungen geklärt zu haben.

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16. Mai 2012 3 16 /05 /Mai /2012 14:00

aus dem fundus meiner erfahrung und erinnerung entsteht dieser text. es schaudert mich wenn ich daran denke wie wenig ich von ihm und über seine entstehung weiß.

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15. Mai 2012 2 15 /05 /Mai /2012 09:00

ende. es geht zu ende. es geht vielleicht zu ende. der tag geht zu ende. draußen ist es hellschwarz. wie lange habe ich geschlafen? den tag über. lange kann mein schlaf nicht angehalten haben. mein notizbuch ist offen. noch nicht zu boden gefallen. mein stift ruht sich im spalt zwischen den seiten aus. dort wo er zu liegen kam nach dem heftigen gebrauch durch meine hand. ich habe geschlafen. ich habe hunger. es ist zehn uhr abends. das pendel der uhr bewegt sich ruhig und gleichförmig. ich liebe diese uhr. mein großvater hat sie in der dachkammer an die wand geschraubt. in seiner dachkammer. jetzt nenne ich sie die meine. der kühlschrank ist gut ausgestattet. darin ruht alles was ein Mensch wie ich zum leben braucht: milch. käse. wurst. salat. in der Oobstschale liegen äpfel und bananen. in der brotlade frisches brot. ich sollte duschen. dringend. das wasser hat all den schweiß und dreck des tages von meiner haut gewaschen. mein körper spürt sich gut an. nur meine beine sind schwer und träge. mein knie schmerzt. ich erinnere mich wieder. ich erinnere mich an einen schmerz. aufgekommen durch mein erzählen. ich muss es zu ende bringen. alles muss an ein ende kommen. an mein ende. ich werde meinem körper nahrung zuführen. danach werde ich mich an die arbeit machen.
noch ist nicht alles erzählt. das Bett steht unbeschlafen in der ecke.

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14. Mai 2012 1 14 /05 /Mai /2012 10:00

mit meinem schreiben habe ich versucht kommunikation mit der welt herzustellen. mit einer welt die oft genug stumm und taub neben mir existierte und mich doch ständig mit ihren hysterischen alltäglichkeiten belästigte. jeden tag forderte sie stellungnahmen von mir. rechtfertigungen für mein denken und handeln. immer wieder frage ich mich: wie solle ich auf eine Welt reagieren die sich immer weiter atomisier. zerfällt. zerfastert. ausfranst. nicht nur an den rändern sondern in ihrer mitte. ein satz von robert musil aus dem mann ohne eigenschaften könnte dabei hielfreich sein: ein mann der die wahrheit will wird gelehrter. ein mann der seine subjektivität spielen lassen will wird vielleicht schriftsteller; was aber soll ein mann tun der etwas will das dazwischen liegt? ja was soll einer wie ich tun der sich nicht entscheiden kann. wie reagiert einer wie ich auf die welt wenn ihm die literatur zu wenig und die wissenschaft zu viel ist? eine möglichkeit wäre auf die politik auszuweichen. vielleicht könnte es aber auch sinn machen genau das von robert musil beschworene dazwischen aufzuspüren und zu benennen. robert musil hat mit seinem mann ohne eigenschaften einen text hergestellt der darauf eine antwort gibt. sein roman ist ein werk das wissenschaftliche erkenntnisse literarisiert und damit literatur verwissenschaftlicht. kunst und wissenschaft fließen ineinander. doch das was dazwischen liegt ist ja mehr als nur die symbiose zweier arbeitsweisen. das was dazwischen liegt ist der kern von literatur: die utopie. der gesellschaftsentwurf. es ist das was ein autor über den menschen und seine von ihm gestalteten weltverhältnisse sagen kann und will. vielleicht ist das im besten sinne des wortes tatsächlich das politische.

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10. Mai 2012 4 10 /05 /Mai /2012 09:00

zwei wochen vor dem jahrtausendwechsel saß ich mit meinem cousine gustav bei einem zu eis erstarrten brunnen im schloßpark schönbrunn und er wies mich auf den unterschiedlichen flügelschlag der vögel hin: möwen. tauben. enten. krähen. alle fliegen anders. kein vogel fliegt wie der andere. jeder hat seinen eigenen rhythmus. seinen unverwechselbaren stil. die vögel haben ihren flügelschlag noch nicht verlernt. sieh einfach nach oben! als ich nicht gleich den kopf zum himmel hob wiederholte er den satz ein wenig ärgerlich. so als würde ihm durch mich kostbare zeit geraubt: sieh einfach in den himmel! und ich blickte in den wolkenverhangenen dezemberhimmel der sich über uns ausbreitete. ich sah wie sich die krähen in festgelegten formationen zusammenfanden und gegen nordosten flogen. und gustav sagte: Nach diesem unseligen jahrhundert wird nichts mehr kommen was wir als menschlich bezeichnen werden. eine stunde vor mitternacht am letzten tag des letzten jahrtausends hat er sich das leben genommen. er fehlt mir in diesem letzten jahrhundert das für uns menschen von bedeutung gewesen sein wird. vielleicht hatte gustav recht und wir gehen unmenschlichen zeiten entgegen.

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7. Mai 2012 1 07 /05 /Mai /2012 15:00

es müsste spannend sein einen text zu schreiben der sich selbst analysiert während er geschrieben wird. noch im schreiben werden seine schwachpunkte und problemzonen aufgezeigt. das theoretisch festgehaltene in der praxis erprobt. mit exkursen. mit verweisen. kleinen abhandlungen zu thema und autor. sichtbar soll werden: was will der text. was kann er. was muss er. sichtbar soll werden wie literatur entsteht. wie sie sich in der realität verwirklicht. wie ihr wirklichkeitsgehalt steigt. von seite zu seite. und von der wirklichkeit zurückkehrt in die realität. zum autor. zum ersten leser des textes überhaupt: seinem produzenten. der text als sezierte einheit. doch nicht überlassen den lesern und germanisten. nein. ein vom autor selbst zerstückeltes sein. ein vom autor als stück realisierte wirklichkeit die vom produzenten verfolgt wird als wär es schon jetzt nur ein historisches zitat. verfolgt bis in den letzten dunkelsten Winkel ihrer existenz und erscheinungsform. bis nichts übrig bleibt. nur das was literatur im grunde ist: die verwirklichung der welt. ziel der literatur ist nicht bloße weltbeschreibung sondern vor allem auch welterschaffung. das macht die literatur für den produzenten und für den konsumenten gleichermaßen  reizvoll.

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6. Mai 2012 7 06 /05 /Mai /2012 14:00

ein roman muss her. ohne einen roman der von der kritik gelobt und von den preisverleihern bedacht und von den lesern gekauft wird kann ein autor heute nicht mehr ins herzland der deutschen literaturgeschichte vordringen. der roman ist zur heiligen kuh der deutschen literatur geworden. nichts ist klein genug oder seltsam genug um nicht mit dem etikett roman versehen zu werden. unter denen die romane schreiben hausen die lyriker und erzähler. manch ein autor blutet sich aus bei dem versuch einen roman zu schreiben und verplemert so seine zeit die er als lyriker besser zugebracht hätte. ich werde meinen roman zu ende bringen. ich muss meinen roman zu ende bringen. ohne roman kein literarisches auskommen und kein publizistisches einkommen. ein autor der romane schreibt hat es in diesem land schon schwer. aber einer der keine schreibt existiert ohnehin nicht. die wahrnehmungsschwelle von österreichischen romanen ist schon äußerst prekär aber die von lyrikern und erzählern liegt unter allem was sich autoren in diesem land auf grund ihrer literarischen qualitäten erwarten dürften.

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