nachrichten aus dem exil 16
literarische miniaturen 2012
der sommer geht zu ende und es wird zeit meine liebgewordene gewohnheit wieder aufzufrischen die menschen mit nachrichten aus meinem exil zu versorgen. ich bekam vor vier tagen ein ablehnungsschreiben des droschl verlages zu meinem neuen gedichtzyklus sterbelieder. nun das ist nichts außergewöhnliches. verlagsablehnungen muss ein autor in kauf nehmen. das gehört zu seinem täglichen brot. meist sind es höflich formulierte und nichtssagende schreiben. doch ein satz ließ mich aufhorchen in diesem sehr freundlichen und mit wenigen worten auskommenden differenziert abgefassten schreiben. diesen teilsatz will ich nicht unkommentiert lassen. rainer goetz schreibt sehr freundlich von langer wartezeit und grundsätzlichen schwierigkeiten mit lyrikmanuskripten. schließlich gäbe es viele auch lyrik schreibende autoren. korrekte beobachtungen wie ich herrn goetz aus der eigenen verlagserfahrung zugestehen muss. doch dann kam dieser satzteil der mich zum nachdenken anregte: abgesehen von […] muss ich auch sagen, dass mir dieser sterbelieder-zyklus nur eingeschränkt gefällt da spricht mir zu oft eine zu große sicherheit aus den texten was mir nicht so recht zu diesem thema passt. nun was heisst zu große sicherheit? wollen lektoren nicht autoren die sich in ihrer sprache sicher bewegen? und mit dem tod ein sicheres und vertrautes verhältnis herzustellen schadet einem literarischen text? nun um diese frage nicht weiter zu vertiefen habe ich mich entschlossen den teilsatz als lob aufzufassen. die große sicherheit die ich in den texten an den tag lege ist meiner angst vor dem tod geschuldet. vor diesem eines tages nicht mehr sein dürfen und können. rainer goetz setzt dann noch fairerweise nach und schreibt: andere verlage lesen natürlich anders. nicht nur verlage wie ich einem mail meines freundes peter wawerzinek zum thema sterbelieder entnehmen durfte wo es heißt: diese verse sind klar und von einer kundigen geläufigkeit - und durchaus abgeklärt: ein gefasstes leid: wie ein eingefasster stein oder eben ein in verse gefasstes gefühl. mehr als ich zu sagen hatte gibt es über den tod und das sterben und ein vermutliches irgendwann einmal totsein nicht mehr zu sagen. und in wenigen monaten gibt es die gedichte auch zum nachzulesen. hier nur eine kostprobe:
tod
ich hör dich an meiner schwelle kratzen
hör deinen schleifstein
zügig über deine sense wetzen
spüre deinen leichten schritt
auf meiner treppe
die in meine kammer führt
wo ich meine erinnerungen auskundschafte
nach zeiten
da ich dich zwar kannte
aber noch nicht wusste
dass du hinter meinem rücken
dich anpirscht
wie ein wolf im schafspelz
der tod
ist wie ein lehnstuhl
der verlassen auf terrassen steht
und wartet dass sein herr zurückkehrt
sich niederlässt
und ruht
totsein
ist der grund
warum ich keine sehnsucht
nach dem totsein habe
denn wenn der tod zu mir tritt
und mir zum letztenmal
sanft übers haupthaar streicht
weiß ich
dass dies die letzte zärtlichkeit sein wird
die ich in dieser welt empfange